Ein älteres Auto kaufen
Ein Auto kaufen, ohne zu viel Geld auszugeben? „Von Privat zu Privat” ist eine von vielen Alternativen zum Neuwagen. Aber Käufer müssen auf vieles achtgeben.
Von Guillaume Horst
So viel war es noch nie: In Deutschland haben Händler im Jahr 2018 mit dem Verkauf von Gebrauchtwagen 84,73 Milliarden Euro verdient. Zehn Jahre früher waren es nur 53,11 Milliarden Euro. Der Gebrauchtwagenmarkt zwischen Alpen und Nordsee funktioniert also sehr gut. Aber Vorsicht: Nicht jeder Händler ist ehrlich und erzählt einem potenziellen Käufer alles über das Auto. „In dieser Branche gibt es leider viel Betrug“, sagt Thomas Pflüger.
Der Kfz-Mechaniker ist Chef seiner eigenen Werkstatt in Handorf (Niedersachsen). Seit 40 Jahren kontrolliert, repariert und verkauft er Autos. Er hat schon oft negative Konsequenzen von schlechten Gebrauchtwagengeschäften gesehen. Menschen geben viel Geld für ein älteres Auto aus. Aber schon nach wenigen Monaten ist es kaputt. Deshalb empfiehlt er vor jedem Kauf, das Auto in eine Werkstatt zu bringen. Die kann es auf Probleme überprüfen.
„Es ist sehr wichtig, dass ein objektiver Experte sich das Fahrzeug ansieht. Auch wenn das 20 bis 50 Euro kostet, ist das auf jeden Fall gut investiertes Geld“, sagt Pflüger. Ein Verkäufer sollte diesen Wunsch akzeptieren. Sonst muss der potenzielle Kunde von einem Problem ausgehen. „Wenn ein Verkäufer keine Kontrolle will, dann hat er meistens etwas zu verbergen“, erklärt Pflüger.
Außerdem sollte ein Kunde das Auto vor dem Kauf wenigstens einmal Probe fahren. Auch hier gilt: Wenn der Händler keine Probefahrt erlaubt, ist ein Problem zu erwarten. „Achten Sie während der Probefahrt auf Geräusche, die nicht normal sind. Das Lenkrad steht schief, oder es ruckelt beim Bremsen? Das hat meistens einen Grund“, sagt Pflüger.
Wer so etwas bemerkt, sollte sich fragen: Muss es wirklich genau dieses Auto sein? Besonders gut sollten Käufer bei der Probefahrt die Bremsen kontrollieren. Für den Test ist eine schlechte Straße ideal. Dort kann der mögliche Käufer überprüfen, wie gut das Auto wirklich fährt.
Ein typischer Betrug ist auch die Manipulation des Kilometerstandes. Dabei dreht ein Verkäufer den Tacho zurück. Ein Auto, das eigentlich 100 000 Kilometer gefahren ist, zeigt also plötzlich nur noch 30 000 Kilometer an. Das steigert den Wert, ist aber natürlich illegal.
Circa 30 Prozent der Gebrauchtwagen haben nicht den korrekten Kilometerstand.
Trotzdem glaubt Pflüger: „Circa 30 Prozent“ der Gebrauchtwagen haben nicht den korrekten Kilometerstand. Das zu erkennen ist nicht leicht. Deshalb sollte der Käufer die Werkstatt um eine Kontrolle bitten: Passt der Zustand der Bremsen und Reifen zum Kilometerstand? Er muss auch alle Dokumente genau ansehen. Die können oft zeigen, ob der Kilometerstand logisch ist.
Deshalb sollte ein Käufer auch aufpassen, dass der Anbieter alle nötigen Dokumente für das Auto hat. Das sind zum Beispiel TÜV-Bericht, Fahrzeugschein oder ein komplettes Service-Heft. Dabei sollte er überprüfen, ob der Verkäufer auch der Besitzer des Autos ist. Das kann wichtig werden, wenn der neue Besitzer später einen Schaden bemerkt. War der schon beim Kauf da? Dann ist der alte Besitzer für diesen Schaden verantwortlich, nicht der Händler. Für den Käufer wird es dann gar nicht mehr so einfach, Geld zurückzubekommen.
Den meisten empfiehlt Autoexperte Pflüger, Gebrauchtwagen lieber bei einem offiziellen Händler als bei einer Privatperson zu kaufen: „Das kostet vielleicht ein bisschen mehr. Aber es ist sicherer.“
Ab 5000 bis 6000 Euro bekommt man meistens ein Auto, mit dem man nicht jeden Tag in die Werkstatt muss.
Was darf ein Gebrauchtwagen kosten? Natürlich hat jeder Käufer ein anderes Budget. Trotzdem sollte das Auto nicht zu billig sein. Pflüger nennt als unteres Limit circa 3000 Euro: „Alle Autos, die billiger sind, werden wahrscheinlich nicht sehr lange fahren“, erklärt er. Der neue Autobesitzer muss dann oft in die Werkstatt fahren. Das beim Kauf gesparte Geld muss er in Reparaturen investieren.
Deshalb ist es besser, für einen Gebrauchtwagen ein bisschen mehr auszugeben. „Ab 5000 bis 6000 Euro bekommt man meistens ein Auto, mit dem man Freude hat – und mit dem man nicht jeden Tag in die Werkstatt muss“, sagt Pflüger.
Populär ist es, einen Gebrauchtwagen in einem anderen Teil Deutschlands zu kaufen. Das kann nämlich Geld sparen. Denn zwischen Alpen und Nordsee gibt es bei gebrauchten Fahrzeugen große Preisunterschiede. In Mecklenburg-Vorpommern kann ein Auto bis zu zwölf Prozent günstiger sein als in Bayern.
Eine Spar-Reise durch halb Deutschland empfiehlt Pflüger trotzdem nicht. Wegen eines Autos aus Baden-Württemberg nach Niedersachsen zu fahren, kostet nämlich viel Zeit und Geld. Und wenn der Wagen nicht der richtige ist? Dann war die ganze Reise umsonst.
„Mehr als 100 Kilometer sollte man für einen Gebrauchtwagen nicht fahren. Sonst ist man danach meistens enttäuscht“, findet Pflüger. Ein Angebot in der Nähe ist deshalb vielleicht doch das beste.
Egal, wo das neue alte Auto steht: Vor dem Kauf wird man wahrscheinlich mit einer extra großen Geldbörse oder einem Briefumschlag zum Geldautomaten gehen müssen. Beim Gebrauchtwagen gilt nämlich bis heute: Bei Preisen bis zu 10 000 Euro bezahlen viele Deutsche sehr gern mit Bargeld.
Quelle: Deutsch Perfekt